Che Boludo! Endlich Sommer in Argentinien!
Und schon wieder sind ca. zweieinhalb Wochen vergangen, und schon wieder ist so Einiges passiert in dem mittlerweile überaus hochsommerlichen Argentinien
Die Haarfrage
Nachdem leider doch recht wenige von Euch sinnige Lösungen für das überaus schnellen Nägel– und Haarwachstum in diesem Lande vorgeschlagen haben, habe ich selbst noch ein wenig recherchiert, und nach einer gründlichen Befragung meines Kollegen Martin, der acht Jahre in Hongkong gearbeitet hat, kamen wir beide zu der Erklärung, dass es etwas mit der hohen Luftfeuchtigkeit in diesen Zonen zu tun haben müsste, da er das Phänomen auch schon in Hongkong festgestellt hatte – Frage also geklärt - sehr schön
Le Bar und lebende Filmtheoretiker
Anfang November fand hier in Buenos Aires dann die Meacvad 07 statt (Muestra Euroamericana Cine + Video + Arte Digital) zu der das Goethe-Institut den deutschen Videokünstler Bjørn Melhus eingeladen hatte. (Alle fleißigen Museum Ludwig - Gänger Kölns werden ihn wahrscheinlich von einer seiner letzten Installationen dort kennen).
Zum Auftakt traf man sich dann in „Le Bar“, einer der angesagtesten und verrücktesten Bars der Stadt, dessen merkwürdige rote runde Tische man wirklich nur schwer beschreiben kann, die aber zu einiger Erheiterung führten Höhepunkt des Abend war für mich dann eine Begegnung mit Jean-Louis Comolli, einem DER französischen Filmtheoretiker und zudem ehemaliger Redaktionschef von „Cahiers du Cinéma“ (für uns Filmstudenten in einem Zusammenhang zu nennen mit André Bazin oder Jean-Luc Godard), dessen Anwesenheit mich komplett sprachlos machte, weshalb ich gerade mal Hallo und Tschüss herausgestammelt bekam..
Naja, wenigstens meine Chefin hatte am nächsten Tag die Freude, seinem Seminar über die verlorene Unschuld im Dokumentarfilm, im Kino, im Video und im Fernsehen zu lauschen und mir danach begeistert davon zu berichten Dafür dürfte ich mich dann Donnerstag- und Freitagabend von Bjørn Melhus’ Werkschau begeistern lassen, nachdem Tabbi und ich erstmal an die hundert Kopfhörer für die Übersetzung an die zahlreichen interessierten Argentinier verteilt hatten. Auch der Künstler selbst war sehr interessant, sympathisch und witzig, und alles in allem war es eine Freude, ihm zuzuhören und sein Werk zu sehen!
Salsa en la Salsera…
heißt zwar einerseits nichts anderes als Soße in der Soßenschüssel, ist andererseits nun aber seit zwei Wochen eine meiner Lieblingsbeschäftigungen Nehme nämlich mittlerweile 2-3 mal die Woche an Salsa-Kursen in der Tanzschule/Bar La Salsera teil, das Ganze macht wahnsinnig Spaß und ist mit unter 2 Euro für 2-3 Tanzstunden dazu auch noch grandios preiswert. In meiner Praktikantin-Kollegin Anna hab ich dann auch noch eine begeisterte Mittänzerin gefunden, obwohl sie schon seit Jahren Salsa tanzt – Kurse sind also ein bisschen langweilig für sie, aber am Freitag kam sie dann abends mit Salsa tanzen und wir haben ca. sechs Stunden am Stück getanzt, bis zumindest mir die Füße sooooo weh taten, dass ich es jetzt noch spüren kann
Laptop-Crash und Spanisch-Examen
Es passierte wie immer im denkbar ungünstigsten Moment – Ich hatte mir extra einen Tag freigenommen, um gründlich für mein Spanisch-Examen zu lernen, da passierte es: Alle meine Befürchtungen wurden wahr und mit folgender kleinen Vorwarnung:
verabschiedete sich die Festplatte meines nunmehr fast 4 Jahre alten Laptops und ward nie mehr gesehen.. mit dabei natürlich mein komplettes Lernzeugs für das Examen und ratet mal, wer wie immer kein Backup gemacht hatte.. Vollkommen panisch konnte mich Gabriel gerade noch beruhigen und schickte mich am nächsten Morgen zu einem Bekannten in einen Computerladen, der es irgendwie schaffte, immerhin alle Daten der Festplatte noch auf meine Externe-Platte zu kopieren, bevor sie endgültig in die ewigen Jagdgründe einging – meine Lerndateien schickte der nette Mann mir dann noch schnell per Email zu und versicherte mir, dass er eine neue Festplatte besorgen und mein Computerchen bis Montag für ca. 90 € wieder komplett hinkriegen könnte. Tabbi die gute Seele lieh mir übers Wochenende dann ihren Laptop aus, und so stand zumindest meiner mündlichen Prüfung am nächsten Tag nichts mehr im Wege
Die Prüfung lief dann auch bestens, und ich lernte noch eine super nette Brasilianerin kennen, die nur wegen des Examen nach Buenos Aires gereist war. Nachdem ich mir zur Belohnung endlich endlich einen Bademantel kaufte (ja ja.. war natürlich total unnötig ), ging es weitere 6 Stunden für die schriftliche Prüfung am nächsten Tag lernen, wobei sich von Stunde zu Stunde die erreichte Punktzahl in meinen Probeexamen verringerte
Frustriert gab ich auf, und mein Freitagabend endete dann bei Charly, wo ihre Mitbewohnerin, die Designerin ist, mit ihren Designerinnen-Freundinnen einen so genannten „Showroom“ veranstaltete – so was wie ne Tupperwarenparty für Klamotten, nur dass man die gleich weg von der Stange kauft. So erstand ich ein Designertop für ca. 7,50 € und eine Designerkette für ca. 5 € - wer wird da gerade neidisch
Die 4-stündige Prüfung am nächsten Tag fing typisch argentinisch fast eine Stunde später an, in der wir uns alle noch schön verrückt machen konnten.. Alles lief dann trotzdem grandios gut, bis es am Ende zu dem Vokabel- & Grammatikteil kam, vor dem ich am wenigsten Schiss gehabt hab und ich am Ende sooo verunsichert war, dass ich sogar noch etwas Richtiges in falsch umänderte.. Naja.. ob’s doch gereicht hat, erfahr ich Anfang Februar, und mein Kollege Martin schaffte es dann auch ohne Probleme, mich mit einem Sektfrühstück wieder aufzumuntern
Nach einer kurzen Shopping-Tour mit Martin sahen wir uns dann mit Tabbi „Wild at heart“ von David Lynch an, der gerade im Zuge einer Lynch-Reihe in der Fundación Borges lief. Für 8 Pesos bekamen wir dann einen superlauten Beamer vor die Nase gesetzt, die Klimaanlage lief auch Hochtouren und aus irgendeinem Grunde war es nicht möglich, das Raumlicht auszuschalten oder die Türe zu schließen – was ein Kinoerlebnis
Martin kündigte mir dann auch noch an, dass Nicolas Cage am Ende des Filmes stirbt, weshalb ich die folgenden zwei Stunden auf diesen Moment wartete, nur um am Ende festzustellen, dass der Film doch ein Happy End hat!
Geendet hat der Abend dann mit Tabbi und Martin Salsa-tanzend und Tino de Verano trinkend bei mir – ach wie nett!
11.11. - Día de la tradición in Gaucho-Stadt
San Antonio de Areco
Noch nicht ganz so frisch ging es dann am Sonntagmorgen mit Tabbi, Martin und Charly auf nach Gaucho-San Antonio de Areco, wo an diesem Tage der Día de la tradición gefeiert wurde. Pünktlich zum Karnevalsbeginn also ein Karneval voller Gauchos und Pferde
Nach einer Stunde Fahrt im super gemütlichen Coche-Cama Bus (Bettähnliche Sessel zum reinkuscheln), trafen wir dann auch schon auf die ewig andauernde Gaucho-Pferde-Parade, bei der man Nenes (Kiddis) auf Pferden sah, die wahrscheinlich eher reiten als laufen konnten:
Auf die Parade folgte dann ein ca. dreistündiges reichliches Asado im Sonnenschein am Fluss Areco, der Besuch des Gaucho-Museum fiel aus, da das sinnigerweise gerade geschlossen hatte und nachdem wir nur nach Karten für den späten Bus zurück bekamen, trafen wir zum Glück in einer kleinen Hotelbar auf eine freie Weinverkostung und genossen Rotwein aus einer Bodega bei Mendoza, aßen leckeren Käse und wurden ca. 2 Stunden von dem „Pferdeflüsterer“ Joshi unterhalten, der deutsche Wurzeln hatte, noch ganz gut Deutsch sprach und uns von seiner Europareise als junger Mann und all seinen Jugendsünden erzählte
Vollgepackt mit einer Kiste Rotwein, einer Einladung in die Bodega nach Mendoza und einer weiteren Einladung auf Joshis Estancia in Areco, wo er uns seine Pferdeflüsterei zeigen wollte, stiegen wir schließlich müde aber zufrieden in den Bus zurück nach BsAs.
Hochsommerlicher Argentinischer Frühling & feuchtfröhliche Fiesta
Endlich endlich war es soweit und die hochsommerlichen Temperaturen hielten Einzug in den bisher ziemlich verregneten und kalten argentinischen Frühling. Seit einer Woche nun ist Flipflop-Wetter angesagt, die ganze Stadt blüht lila (dank der Frühlingsblüte des Jacarandá-Baumes):
Ich genieße jeden einzelnen Sonnenstrahl,besonders seitdem wir den wunderschönen Klosterinnehofgarten entdeckt haben, der beim Institut um die Ecke ist und wo man entweder in einem der beiden Bistros draußen essen oder sich einfach mit Sandwich oder Salat auf eine Bank in die Sonne setzten kann – was für Mittagspausen
Nach ca. sechstündiger Installtion hatte ich übrigens auch alle meine wichtigen Programme wieder auf meinem Laptop und kann Euch so auch weiterhin mit Wort und Bild meiner Zeit hier vergnügen – was war ich erleichtert!
Am letzten Samstag ging es dann nach besagter salsadurchtanzter Nacht mit Tabbi ins MALBA (Museo de Arte Latinoamericano de Buenos Aires), wo wir bei einer zumindest für mich superinteressante Führung Werke von Diego Rivera und Frida Kahlo bestaunen konnten. Danach machten wir dann noch einen Abstecher zur metallenen Floralis Genérica, die sich schon zur Abendruhe geschlossen hatte:
Abends schmiss Gabriel (übrigens von seinen Freunden gern auch „Gabi“ genannt) dann seine „Fiesta del Dark“ zu seinem 30. Geburtstag. Da er aber vergessen hatte, seinen Freunden mitzuteilen, dass es eine Mottoparty wird bei der alle „dark“ also schwarz gekleidet kommen sollen, waren wir dann halt nur dark zu dritt Grandioser Weise freute er sich auch total über mein Geschenk, eine nach langem Suchen erstandene Ikea-artige Stehlampe fürs Wohnzimmer, da er eine ähnliche auf Fotos von meinem Zimmer in Köln bewundert hatte.
Typischerweise begann die Party dann gegen 23 Uhr, wobei erst gegen Mitternacht die ersten und gegen ca. 3 Uhr morgens die letzten Gäste kamen. Die Fiesta war dann noch sehr amüsant (schon mal einem Haufen angetrunkener Argentinier beim Karaoke-Singen auf Englisch zugesehen ), feuchtfröhlich und endete auf jeden Fall für mich und den harten Kern gegen 10 Uhr morgens mit einer starken Tasse Kaffee
Und immer wieder Gauchos: Feria de Matadero
Wer feiern kann, der kann auch Ausflüge machen, weshalb ich mich tapfer nach ca. einer Stunde schlaf mit der Truppe aufmachte zur Feria de Matadero, deinem Vorort von Buenos Aires, in der allsonntäglich die Gauchos sich selbst feiern
Das ganze war dann aber ausgesprochen amüsant und ich schlug mich den ganzen Tag tapfer, auch wenn ich bei jeder Gelegenheit (sogar stehend im Bus) einschlief
Manchmal muss ich mich wirklich jetzt schon fragen, was ich bloß zu Hause wieder ohne meinen mittlerweile schon soooo liebgewonnenen sonntäglichen Kater machen soll:
Leider nicht fotografisch dokumentiert blieben an diesem Tag drei argentinische Freundinnen, die sich laut meiner ersten Feststellung wohl unglücklicherweise alle zeitgleich die Nasen gebrochen hatten – die ARMEN! Auf jeden Fall dachte ich das, bis mich Anna an die hier unvergleichlich billigen Schöhnheits-OPs erinnerte, weshalb mein Mitleid dann auch sofort schwand
Letzte Arbeitstage, viel Sonne und Reiseplanungen
Ich selbst kann es ja immer noch nicht glauben, aber in schon zwei Wochen ist mein Praktikum in der Cinemathek des Goethe-Institut zu Ende! Zufälligerweise wird dann auch Ende nächster Woche an meinem letzten Arbeitstag im Institut, dem 30. November, das alljährliche „Bierfest“ im Goethe-Institut gefeiert – was ein Abschied
Ansonsten genieß ich momentan vollkommen die Sonne und meine lernfreie Zeit hier und kann mich momentan noch so gar nicht auf die Rückkehr in den Kölner Winter freuen
Nächstes Wochenende geht’s dann für drei Tage mit dem Schiff auf nach Uruguay, nach Colonia del Sacramento, Montevideo und Punta del Este, das uns netterweise Tabbis dort lebende Freundin Julia zeigen wird. Martin ist auch mit von der Partie – es kann also nur ein sehr witziges Wochenende werden
Auch die einwöchige Fahrt nach Mendoza und Chile Anfang Dezember ist nun festgeplant und gebucht, und ich freu ich schon auf eine sehr schöne Reise zusammen mit Charlita.
Und wer’s wissen möchte, dem kann ich bestätigen, bis zum heutigen 20. November noch keinen einzigen Weihnachtsmann gesehen zu haben!Es schickt Euch Mil Besos und viel viel Sonne ins kalte Europa
Eure Nikita